Es war einmal in den Weiten eines riesigen Meeres ein kleiner blauer Rettungsring. Der kleine blaue Rettungsring war immer gut gelaunt und brachte andere zum Lachen. Damals, vor sehr langer Zeit, war der kleine blaue Rettungsring sogar mal ein Mensch. Aber das war sehr lange her und er konnte sich gar nicht mehr daran erinnern. Wenn Menschen etwas sehr schlimmes erleben, werden sie manchmal einfach zum Rettungsring. Weil ein Rettungsring nicht ertrinken kann und Ablenkung von seinem eigenen schlimmen Erlebnis findet, indem er anderen Menschen einen Halt bietet. Das alles wusste unser kleiner blauer Rettungsring nicht. Er hielt sich für einen ganz normalen Rettungsring.
Manchmal begegnete er im Meer anderen Rettungsringen und sie spielten zusammen oder erzählten sich was es so Neues gab. Aber immer wieder kam irgendwann eine Welle die die Rettungsringe wieder auseinander trieb. Einen Menschen hatte der kleine blaue Rettungsring nur von weitem mal in einem Boot vorbeifahren sehen. Eines Tages aber, als der kleine Rettungsring schon etwas größer war, sah er von weitem wie 2 Arme aus dem Wasser schauten. Neugierig wie er war versuchte er die Arme zu erreichen.
Die Wellen waren ihm wohlgesonnen und trugen ihn immer näher an die Arme heran. Der Rettungsring rief: „Hallo Ihr Arme! Hier bin ich! HIER!“ und die Arme hörten ihn und schafften es mit letzter Kraft das letzte Stück zum Rettungsring zurückzulegen und sich festzuklammern. Der Rettungsring freute sich das er so zu der Rettung dieser 2 Arme beitragen konnte. Leise fragte er: „Hallo, was ist denn passiert?“ Und plötzlich tauchten die 2 Arme etwas mehr aus dem Wasser und ein Kopf erschien. Müde Augen blickten den kleinen blauen Rettungsring an. Der kleine Rettungsring staunte. Das war ja ein Mensch. Ein Mann. Ganz tief im Inneren des Rettungsringes leuchtete ein Warnlämpchen auf. Es flüsterte: „Sei vorsichtig, Du machst Dich verletzbar“. Aber der kleine blaue Rettungsring hörte und sah das Lämpchen nicht.
Plötzlich begann der Mann zu sprechen und klagte dem Rettungsring sein ganzes Leid. Betroffen hörte der Rettungsring zu. Eine heimliche unsichtbare Träne lief über sein kleines Gesicht. Irgendwie mochte er den Mann. Sehr sogar. Irgendwas verband sie. Er konnte fühlen wie schlecht es dem Mann ging. So ein fühlen war ihm völlig neu. Der Rettungsring sagte zu dem Mann: „Es wird alles gut werden. Du wirst wieder glücklich sein. Halte Dich fest an mir. Zusammen werden wir es schaffen.“ Die Augen des Mannes leuchteten kurz auf, wurden aber sofort wieder sehr hoffnungslos. Von dem Tag an schwammen die beiden gemeinsam durch das Meer, teilten schöne Momente, aber auch sehr viele schlimme Momente miteinander. Sie sprachen sehr viel miteinander. Oft den ganzen Tag lang und bis weit in die Nacht. Vor allem über den Mann und seine Probleme, der Rettungsring hatte ja keine. Es war eine sehr turbulente Zeit. Der Rettungsring gewann den Mann sehr lieb. Und auch der Mann hatte den kleinen blauen Rettungsring sehr gern. Aber es ging dem Mann oft schlecht. Immer wieder wollte er den kleinen blauen Rettungsring loslassen um endlich Ruhe im Ertrinken zu finden. In diesen Momenten lockerte der Mann seinen Griff so sehr, dass der kleine blaue Rettungsring große Angst bekam. Der Mann hielt sich aber jedes mal rechtzeitig wieder fest genug. Kurze Zeit für den Rettungsring um etwas zu atmen. Der kleine blaue Rettungsring war so sehr mit dem Mann beschäftigt, dass er die anderen Rettungsringe die manchmal an ihn heranschwammen gar nicht mehr wahrnahm.
Sein Leben drehte sich um den Mann und dessen Probleme. Der Mann dankte es dem Rettungsring mit tiefer Zuneigung. Immer wieder konnte der Rettungsring dem Mann genug halt geben für den nächsten Tag. Und der Rettungsring war glücklich so. Er hatte den Mann doch so lieb. Langsam aber wurde aus dem fröhlichen, kleinen, blauen Rettungsring ein trauriger Rettungsring, der selber oft genug keine Lust mehr hatte weiterzuschwimmen. Der kleine blaue Rettungsring bemerkte seine Verwandlung nicht. Er versuchte unbewusst noch mehr für den Mann dazusein um noch mehr Zuneigung zu bekommen, die er so selten oder sogar noch nie bekommen hatte. Dadurch hatte er die Kraft sich vorzuspielen das er immer noch derselbe kleine, fröhliche, blaue Rettungsring war.
Der Mann bemerkte die Veränderung des kleinen blauen Rettungsringes. Aber da er selber immer kurz vor dem Ertrinken stand, waren seine Kräfte aufgebraucht und das bisschen Kraft was noch übrig war, brauchte er ganz für sich selber. Das bedrückte den Mann sehr. So gern würde er dem Rettungsring einen festen Halt bieten. Er konnte es einfach nicht. Und der Mann fühlte sich mieser und mieser deswegen. In seiner Verzweiflung und aus seinem schlechten Gewissen heraus, löste er sich unbewusst immer mehr von dem kleinen blauen Rettungsring. Dieser geriet in Panik und forderte den Mann noch mehr auf sich fester, viel fester zu halten. Er meinte es gut, trieb den Mann so aber noch viel weiter von sich fort.
Eines Tages kam eine Gruppe Menschen und Rettungsringe angeschwommen. Alle leuchteten in kräftigen, bunten Farben. Der kleine Rettungsring sah vor Kummer diese Gruppe nicht. Starr fixierte er immer wieder den Mann. Der Mann aber sah sie. Im ersten Moment erschrak er sehr vor all diesen bunten Farben. Sie machten ihm Angst. Und sie kamen immer näher. In Panik vor diesem ganzen Haufen und den bunten Farben klammerte sich der Mann noch einmal fest an den kleinen Rettungsring. Um ihn dann für immer loszulassen. Das wusste der kleine blaue Rettungsring noch nicht. Ein kleiner Funken Hoffnung trat in seine Augen Aber die Gruppe von Menschen und anderen Rettungsringen griffen sich den Mann und zogen ihn von dem kleinen blauen Rettungsring fort. Der Mann hatte am Anfang große Angst, merkte aber schnell, dass diese Gruppe ihm nur gutes wollte. Er fand gefallen an den vielen bunten Farben und konnte seit Monaten das erste Mal tief durchatmen. Sein Gewissen dem kleinen blauen Rettungsring gegenüber, quälte ihn etwas, aber er hatte genug Ablenkung und genug mit sich zu tun. Es war und ist ein langer Weg für den Mann wieder richtig zurück ins Leben zu finden.
Und der kleine blaue Rettungsring? In dem Moment wo er erkannte das der Mann ihn verlassen hatte verwandelte sich der kleine blaue Rettungsring zurück in einen Menschen. Das schwimmen war viel schwieriger und er fühlte sich sehr allein. Er musste lernen damit umzugehen ein Mensch zu sein. Aber nur so wird der ehemalige kleine blaue Rettungsring irgendwann richtig frei leben können. Oft schluckte der neue Mensch, der übrigens Elena hieß, Wasser und dachte sie (ja, der kleine blaue Rettungsring war die ganze Zeit eine Sie gewesen) müsse ertrinken. Ununterbrochen dachte sie an den Mann. Ihr Herz tat ihr so weh. Sie wollte ihn hassen, da das ein Gefühl ist was leichter zu ertragen ist als dieser Schmerz. Aber sie konnte es nie. Lange Zeit dachte Elena an diesen Mann. Sie vermisste ihn, so das sie kaum noch Luft bekam. Er fehlte ihr in ihrem ganzen Leben.
Langsam, fand Elena neue Freunde. Der Schmerz ließ so nicht nach, aber sie war nicht mehr allein. Vorsichtig fasste sie neues Vertrauen in andere Menschen. Bei einigen blieb sie länger, aber ihre Angst war zu groß. Die Angst das alles noch mal erleben zu müssen. Seit sie ein Mensch war kamen immer mehr Erinnerungen in ihr hoch, von ihrer Zeit bevor sie der kleine blaue Rettungsring war. Diese Erinnerungen waren schrecklich, sie zerrissen sie fast. Elena war fast am Ende als sie sich Hilfe suchte. Hilfe bei einer Frau. Diese Frau kam lange Zeit nicht an Elena ran. Elena wollte mehr Einblicke geben, aber es ging nicht. Sie konnte sich nicht mal vor sich selber öffnen, wie dann vor einer Fremden? Mit viel Geduld und viel Zeit gelang es der Frau dann Elena’s Vertrauen zu gewinnen.
Elena ging es noch oft schlecht, aber sie arbeitete hart an sich. Und langsam sah sie einen Weg. Elena betrat diesen Weg, sie stolperte sehr oft und mochte oft nicht mehr aufstehen. Aber sie rappelte sich immer wieder auf.
Eines Tages kam ihr jemand entgegen. Eine wunderschöne Frau. Sie lernten sich kennen und Elena fühlte das erstemal in ihrem Leben wie Ihr Herz auf und ab sprang. Diese Frau war wie die aufgehende Sonne. Lustig, intelligent und sehr schön. Sie strahlte Wärme aus.
Elena und Nadine (so heißt diese Frau) beschlossen gemeinsam weiterzulaufen.
Und hier soll die Geschichte vorläufig enden...
(eingeschickt von "Scream", danke!)
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